Fehlinformation (Medienökonomie)

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Als Fehlinformationen bezeichnet man falsche oder irreführende Inhalte, deren Veröffentlichung auf Unwissenheit oder Fahrlässigkeit zurückzuführen ist, wohingegen bei Desinformation eine klare Absicht zur Täuschung besteht. Fehlinformationen und Desinformationen können in herkömmlichen Medien sowie im digitalen Raum verbreitet werden und haben das Potential, persönliche/öffentliche, ökonomische oder politische Schäden zu verursachen.
Dieser Artikel verweist auf folgende weitere Beiträge: Algorithmus (Medienwissenschaft)


Was bezeichnet dieser Begriff?

Fehl- und Desinformationen sind falsche, irreführende oder verzerrte Informationen. Nach einer gängigen Unterscheidung [1] spricht man von Fehlinformationen, wenn keine Täuschungsabsicht vorliegt, beispielsweise bei unbeabsichtigten Fehlern oder Falschmeldungen. Hinter Desinformationen steht dagegen eine Täuschungsabsicht: Sie werden bewusst in die Welt gesetzt, um jemanden damit in die Irre zu führen. Beispielfälle von Desinformationen sind manipulierte Bilder, irreführende Preisgestaltungen, irreführende Werbung, Fake-News und Fake Reviews. Der Ausdruck "Fake-News" ist wohl am ehesten mit Falschnachrichten zu übersetzen. Hier handelt es sich um falsche oder irreführende Nachrichten, die meist Politik, Wirtschaft, Gesellschaft oder Personen des öffentlichen Lebens betreffen. Unter Fake Reviews versteht man verzerrende Rezensionen von Produkte oder Dienstleistungen. Häufig werden durch die Verkäufer_innen gezielt falsche Reviews im Internet gekauft, um ihre (minderwertigen) Produkte attraktiver erscheinen zu lassen. Dadurch werden Konsument_innen gezielt desinformiert und getäuscht.[2]

Woher kommt der Begriff?

Fehl- und Desinformationen werden seit Langem in der Wirtschaftswissenschaft thematisiert, insbesondere im Zusammenhang mit der Regulierung irreführender Werbung.[3]. In den vergangenen Jahren gab es eine Welle von neuen Forschungsarbeiten, ausgelöst u.a. durch Fehlinformationen während des US-Wahlkampfes 2016, im Vorfeld des Brexits und im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.[4]

Fake news und Fehlinformationen sind nicht neu. So schrieb zum Beispiel die Zeitung The New York Sun 1835 in einer Reihe von Artikeln, mittels eines neuen Teleskopes sei Leben auf dem Mond nachgewiesen worden[5]. Das Beispiel zeigt, dass Fake News nicht erst durch die Digitalisierung in die Welt gekommen sind. Das Beispiel illustriert darüber hinaus, dass Fake News (wie "Es wurde Leben auf dem Mond gefunden.") erstens oft überraschender sind und einen größeren Neuigkeitswert haben, als korrespondierende wahre Nachrichten ("Es wurde kein Leben auf dem Mond gefunden."). Zweitens kann man mit der Verbreitung von Fake News Geld verdienen, weil die Abverkäufe durch den erhöhten Neuigkeitswert ebenso steigen. Drittens sind Zeiten eines rapiden Medienwandels – wie das Aufkommen der Penny Press im frühen 19. Jahrhundert – besonders anfällig für die Verbreitung von Fehlinformationen.

Heutzutage zirkulieren viele Fake News im Internet, wie sich sowohl anhand von Befragungen als auch aus der Nachverfolgung konkreter Falschnachrichten nachweisen lässt. Beispielsweise gaben 2021 in einer Umfrage in Deutschland fast die Hälfte aller befragten Personen an, in der vergangenen Woche falsche oder irreführende Informationen zum Corona-Virus gesehen zu haben.[6] Im US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 lassen sich millionenfach geteilte Fake-Storys auf Facebook identifizieren; 115 solcher, die Donald Trump unterstützen und insgesamt über 30 Millionen mal geteilt wurden, sowie 41 Fake Storys zur Unterstützung von Hilary Clinton, die 7,6 Millionen mal geteilt wurden.[7] Solche Fehlinformationen verbreiten sich manchmal schneller als wahre Nachrichten. Das zeigt eine Untersuchung der Ausbreitung von Twitter-Nachrichten zwischen 2006 und 2017 und wird begründet durch den oben bereits erwähnten größeren Neuigkeitswert von Falschnachrichten und dem damit verbundenen menschlichen Verhalten, nicht vorrangig durch automatisierte Accounts (Bots).[8]

Fehl- und Desinformationen sind zwar nicht durch die Digitalisierung neu in die Welt gekommen, bringen aber in einer digitalisierten Welt neue Herausforderungen mit sich.[9]. Aufgrund der Digitalisierung lassen sich Desinformationen gezielt algorithmisch an besonders beeinflussbare Personenkreise adressieren. Gleichzeitig senkt die Digitalisierung die Kosten der Herstellung und zeitnahen Verbreitung überzeugender Desinformationen, auch über Ländergrenzen hinweg, und erlaubt dadurch auch neue Formen staatlicher Desinformationskampagnen[10]. Künstliche Intelligenz (KI) erlaubt neue Formen der Irreführung und Täuschung, beispielsweise durch Deep Fakes. Auch eröffnet die Digitalisierung neue Möglichkeiten, mit Desinformationen Geld zu verdienen, etwa auf online Werbemärkten.[11] oder auf Märkten für Fake-Reviews.[12] Nicht zuletzt brachte die Digitalisierung auch eine Krise der traditionellen Nachrichtenmedien mit sich und begünstigt dadurch ebenfalls die Ausbreitung von Fehlinformationen[13]

Wonach muss ich fragen?

  • Welche Gefahren können von Fehlinformationen ausgehen?
  • Mit welchen Methoden wird festgestellt, ob eine Information falsch ist, und wie kann ich selbst überprüfen, ob eine Information wahr ist?
  • Wie kann ich mich selbst gegenüber Fehlinformationen sensibilisieren und schützen?
  • Welche Personengruppen sind besonders anfällig für Fehl- und Desinformation?
  • Welche Bedeutung haben Fehlinformationen in traditionellen Medien früher und heute, und wie hat sich die Bedeutung in Zeiten von Social Media geändert?
  • Welche ökonomischen und politische Anreize gibt es für die Verbreitung von Fehl- und Desinformation?
  • Was sind Möglichkeiten, die Gesellschaft vor Fake News zu schützen?
  • Welche Möglichkeiten zur Intervention hat die Politik, um Konsument_innen vor irreführender Werbung zu schützen?
  • Wie kann die Gesellschaft ein Angebot an vertrauenswürdigen Informationen sicherstellen?
  • Was sind die typischen Verhaltensmuster und Biases, die zum Erfolg von Fehlinformationen beitragen?

Wann ist das wichtig?

WEITERMACHEN In diesem medienökonomisch orientierten Glossareintrag werden im Folgenden zuerst ökonomische Anreize zur Verbreitung von Fehl- und Desinformationen thematisiert, dann Erkenntnisse über den Konsum und die Folgen von Fehlinformationen dargestellt, und abschließend mögliche Gegenmaßnahmen diskutiert.

Fehl- und Desinformation werden in unterschiedlichsten Kontexten und von verschiedensten Akteuren verbreitet[14]. Ein einfacher ökonomischer Grund für die Verbreitung von Fehlinformationen sind die Kosten der Recherche zuverlässiger Informationen: für Medienschaffende ist es oft schlichtweg billiger, Inhalte ohne vorherige kostspielige Prüfung zu veröffentlichen. Darüber hinaus lässt sich mit der Verbreitung von Aufmerksamkeit erregenden Desinformationen auf Werbemärkten Geld verdienen. Internationale Bekanntheit erlangten mazedonische Jugendliche aus der Kleinstadt Veles, die im US-Wahlkampf 2016 mit Fake News desinformierten. Sie fanden heraus, dass Fake News zum US-Wahlkampf große Aufmerksamkeit erregten und sich hohe Beträge damit verdienen ließen, zumindest im Vergleich zu den eher schwierigen Situation auf dem lokalen Arbeitsmarkt [15]. Die Monetarisierung von Fake News auf Werbemärkten ist kein Einzelfall. Webseiten, die regelmäßig Fehlinformationen veröffentlichen, zeigen viel Werbung für viele unterschiedliche Produkte aus unterschiedlichen Branchen, sind aber nur selten hinter einer Bezahlschranke; Werbung ist also eine der wichtigsten Finanzierungsquellen[16].

Auch Unternehmen verbreiten manchmal falsche oder irreführende Informationen. Das kann Informationen über die Preise oder Qualität ihrer Produkte betreffen (siehe Rhodes 2023 für einen kurzen Literaturüberblick[17]). Wenn Preise in einer intransparenten und potentiell irreführenden Weise dargestellt werden, spricht man von price obfuscation. Ein Beispiel dafür ist drip pricing: hierbei wird den Konsumten_innen zu Beginn nur ein niedriger Grundpreis dargestellt, und vergleichsweise hohe zusätzliche Kosten (z.B. für den Transport von Gepäck bei Flugreisen) werden erst später im (Ver-)Kaufprozess offengelegt. Irreführende Werbung kann Konsument_innen über die Qualität der beworbenen Produkte täuschen und dadurch die Zahlungsbereitschaft der Konsument_innen erhöhen.

Fake Reviews sind eine weitere Form von Desinformationen. Fake Reviews können die Qualität und Popularität eigener Produkte übertreiben oder die Konkurrenz schlecht darstellen (Mayzlin et al. 2014) [18]. Es gibt (z.B. in bestimmten Facebook Gruppen) Märkte für Fake Reviews, in denen gegen eine finanzielle Gegenleistung eine Produktrezension erworben werden kann. Durch Fake Reviews auf Amazon kann der Absatz und die Suchposition der rezensierten Produkte gesteigert werden [19]. Amazon löscht viele der Fake-Reviews, allerdings erst nach einer Verzögerung von im Durchschnitt 151 Tagen (im Median 53). Nach der Löschung gehen die Kennzahlen wieder auf das Niveau vor dem Kauf der Fake Reviews zurück. Das spricht dafür, dass es überwiegend Anbieter_innen von Produkten niedriger Qualität sind, die Fake-Reviews für ihre Produkte erwerben, und den Konsumenten_innen durch die Täuschung über die Produktqualität ein Schaden entsteht. Darüber hinaus können Fake Reviews anderen Anbieter_innen schaden, und auch den Plattformbetreiber_innen, da sie einen Vertrauensverlust mit sich bringen. Es ist allerdings nicht klar, ob die Plattform selbst ein hinreichendes Interesse an einer wirksamen zeitnahen Bekämpfung von Fake-Reviews hat, da Amazon selbst an den durch Fake Reviews gesteigerten Absätzen mitverdient, und möglicherweise diese kurzfristigen Vorteile bewusst gegen den langfristigen Ruf der Plattform abwägt.

Unternehmen verbreiten manchmal auch über öffentliche Stellungnahmen Desinformationen über die eigenen Praktiken und Produkte. Die Tabakindustrie und die Ölindustrie haben jahrzehntelange Desinformationskampagnen über die Gesundheitsgefahren des Rauchens bzw. den Klimawandel betrieben.[20] Beispielsweise hat Exxon Mobile wider besseren Wissens Klimaschäden durch fossile Energieträger verharmlost, verheimlicht und abgestritten. Obwohl eigene Forschungsergebnisse eindeutig auf den menschengemachten Klimawandel hinwiesen, behaupteten die Verantwortlichen bei Exxon Mobile, dass die Klimaauswirkungen der fossilen Industrie uneindeutig seien.[21]

Nach dieser Diskussion ökonomischer Anreize zur Produktion und Verbreitung von Fehl-/Desinformationen sei nun die Rezeption betrachtet. Hier hat die wirtschaftswissenschaftliche Literatur insbesondere untersucht, welche Personengruppen besonders anfällig dafür sind, auf Fehl-/Desinformationen hineinzufallen. Auf intransparente Preise oder irreführende Werbung fallen unerfahrene Konsument_innen, die das Produkt noch nicht kennen, mit höherer Wahrscheinlichkeit herein [22] [23]. Ein Schaden für die Konsument_innen ergibt sich daraus, dass sie die Qualitäten der Produkte überschätzen oder Risiken unterschätzen, und deshalb - gemessen an ihren wohlinformierten Präferenzen – zuviel davon konsumieren und zuviel dafür bezahlen. Bei Nachrichten korreliert die Fähigkeit, Fake News als solche zu erkennen, mit demografischen Eigenschaften wie beispielsweise Alter und Bildung. Darüber spielen auch politische Einstellungen und Überzeugungen eine Rolle: Fehl- und Desinformationen, die der eigenen politischen Position widersprechen sind leichter zu durchschauen also solche, die die eigene Position unterstützen. Allerdings ist der Einfluss dieser Parteilichkeit quantitativ gesehen deutlich kleiner als der Einfluss der demographischen Unterschiede [24].

Fehl-/Desinformationen beeinflussen manchmal wichtige Überzeugungen und Verhaltensweisen. So haben z.B. nachweislich Fehlinformationen während der Corona Pandemie individuelle Vorsichtsmaßnahmen verzögert und die Impfbereitschaft gesenkt. Das zeigt sich am Beispiel von impfskeptischen Inhalten auf Facebook [25]. Der Vergleich zweier populärer Meinungsshows auf dem US Fernsehsender Fox News weist zudem eine klare Kausalität zwischen Fehlinformation und Vorsorgemaßnahmen gegen Corona nach. Hannity und Tucker Carlson Tonight hatten ähnliche Zuschauer_innengruppen und bis Januar 2020 ähnliche Inhalte. Zu Beginn der Corona Pandemie behandelte Hannity verglichen mit Carlson das Thema allerdings seltener und spielte die Risiken herunter. Die Zuschauer_innen von Hannity ergriffen erst später Vorsorgemaßnahmen, und es gab mehr Corona Erkrankungen und Todesfälle in Gegenden mit vergleichsweise mehr Hannity Zuschauer_innen [26].

Gegenmaßnahmen gegen irreführende oder falsche Informationen können danach klassifiziert werden, ob sie am Angebot oder an der Rezeption ansetzen (siehe Johansson et al. 2022 für einen Überblick [27]).

Zu angebotsseitigen Maßnahmen gehören gesetzliche Verbote, wie es sie z.B. bezüglich intransparenter Preise und irreführender Werbung in vielen Ländern gibt. Zu weit auf Fake News im Allgemeinen ausgeweitet könnten solche Maßnahmen allerdings auf eine staatliche Zensur hinauslaufen. Angesichts der Monetarisierung von Fake News auf Werbemärkten werden Transparenzregeln sinnvoll, die für Unternehmen und Konsument_innen leichter erkennbar machen würden, welche Unternehmen mit ihrer Werbung Fake News finanzieren [28]. Soziale Medien arbeiten oft mit unabhängigen Faktenchecker-Organisationen zusammen, und Kennzeichnen Inhalte die von Faktencheckern als problematisch eingestuft wurden. Stärkere Eingriffe reichen vom Depriorisieren, wodurch die Ausbreitung von Fehlinformationen in sozialen Medien gebremst wird, bis hin zum Löschen von problematischen Inhalten oder Accounts [29]. Auch hier stellt sich die Frage, wann solche Massnahmen auf eine privatwirtschaftliche Form der Zensur hinauslaufen.

Eine Reihe von bei der Rezeption ansetzenden Maßnahmen kann nachweislich gegen Fehl-/Desinformationen helfen [30], beispielsweise Warnungen von Faktencheckern, oder kurze Hinweise (Nudges) die Nutzer_innen auffordern, über die Wahrheit einer Nachricht nachzudenken, bevor sie sie auf sozialen Medien teilen. Auch einfache Tipps zum Erkennen von Fehlinformationen, wie sie z.B. Facebook veröffentlicht hat, helfen dabei, wahre von falschen Nachrichten zu unterscheiden [31]. Diese Tipps haben eine vergleichbare Effektstärke wie Faktenchecks, wirken aber breiter als diese, da sie nicht nur vor bestimmten Fehlinformationen warnen, sondern generell die Unterscheidungsfähigkeit erhöhen [32]. Nicht zuletzt gilt es auch, angesichts der Krise der traditionellen Nachrichtenmedien das Angebot an verlässlicher Information zu sichern [33].

Wie wird der Begriff erfasst/festgelegt?

Zur Erfassung von Fehl-/Desinformation ist zunächst ein Nachweis nötig, dass die entsprechende Information falsch oder irreführend ist. In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur werden dazu mehrere Ansätze verwendet.

Manchmal kann man direkt die fraglichen Informationen mit zuverlässigen Quellen vergleichen, so z.B. die Angaben von Skigebieten über die Schneemenge mit denen aus Regierungsquellen. Das Ergebnis: Skigebiete übertrieben die Neuschneemengen. Besonders ausgeprägt sind die Übertreibungen an Wochenenden, wie man es erwarten würde angesichts der an Wochenenden größeren und stärker auf die aktuelle Schneelage reagierenden Nachfrage [34] . Studien zu Fake News verwenden oft Klassifikationen von Faktencheck-Organisationen wie z.B. snopes.com in den USA oder Correctiv in Deutschland. Eine weitere Möglichkeit bietet künstliche Intelligenz. Diese wird mit Fehlinformationen trainiert und erkennt dann die charakteristischen Merkmale dieser. KI kommt heute schon in großem Umfang auf den digitalen Plattformen zum Einsatz und wird in der Zukunft eine noch größer werdende Rolle spielen (siehe Forschungsprojekte des BMBF). Schließlich prüfen auch Expert_innen der jeweiligen Fachbereiche Informationen auf ihren Wahrheitsgehalt.

Zum Nachweis von Desinformationen genügt nicht, zu zeigen, dass die fragliche Information falsch oder irreführend ist, sondern man muss auch eine Täuschungsabsicht nachweisen. Das ist zwar oft schwierig oder gar unmöglich, dennoch gibt es klar dokumentierte Fälle, beispielsweise die oben besprochenen gekauften Fake Reviews und die Desinformationskampagnen der Tabakindustrie und der Ölindustrie, in denen der wirkliche Wissensstand dieser Industrien anhand interner Dokumente nachgewiesen wurde [35] [36].

Die Einstellung gegenüber Fehlinformationen bzw. die Verbreitung in der Gesellschaft wird von Wissenschaftler_innen typischerweise über (Online) Umfragen gemessen. Dabei wird nach Zustimmung zu wahren bzw. falschen Sachverhalten gefragt [37]. Jedoch gibt es auch einige Schwierigkeiten bei der Messung, die die Datenqualität negativ beeinflussen können. Zum einen stellt sich die Frage, ob die ausgewählten Befragungsthemen repräsentativ sind und welches Umfrageformat man auswählt [38]. Auch gibt es „survey trolls“, welche die Ergebnisse verfälschen, ideologisch getriebene Antworten und „partisan cheerleading“, bei dem einer Fehlinformation eher zugestimmt wird, wenn dies der eigenen politischen Meinung entspricht, obwohl die Befragten selbst gar nicht wirklich an die fragliche Information glauben. Zur Korrektur solcher Verfälschungen werden in den Studien oft finanzielle Anreize für das Erkennen von Fehlinformationen gegeben, was die ideologisch getriebenen Antworten verringert [39]. Schließlich gibt es noch das „expressive responding“, bei dem (bewusst) Fehlinformationen zugestimmt wird, um die eigene Ideologie zu stärken. Ein Beispiel hierfür ist die Amtseinführung von Trump bzw. Obama. Man zeigte den Umfrageteilnehmenden Bilder der jeweiligen Veranstaltung und fragte, wer die größere Zuschauer_innenschaft hatte. War der jeweilige Präsident nicht zu erkennen, herrschte Einigkeit über die größere Menge bei Obama. Doch wenn die Zuordnung zu Obama und Trump kenntlich war, gaben die Trump Anhänger an, dass es bei dessen Amtseinführung mehr Zuschauer gab [40].


Welche Bildungsprojekte gibt es dazu?

  • Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert zahlreiche Forschungsprojekte von Wissenschaftler_innen verschiedener Fachbereiche. So sollen z.B. beim Projekt "PREVENT" Ämter und Behörden befähigt werden, Desinformationen effektiv entgegenzuwirken. Dies soll mithilfe eines Trainingstools und Simulationen von realistischen Szenarien (z.B. der Corona-Pandemie) erreicht werden: https://www.forschung-it-sicherheit-kommunikationssysteme.de/projekte/prevent

Quellenverzeichnis

  1. Vgl. Bundesregierung (04.11.2023). "Was ist Desinformation?" Die Bundesregierung. URL: https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/umgang-mit-desinformation/was-ist-desinformation-1875148. Zugriff am 14.10.2024.
  2. Vgl. He, Sherry, Brett Hollenbeck und Davide Proserpio (2022). "The Market for Fake Reviews." Marketing Science 41(5), 896–921. DOI: 10.2139/ssrn.3664992. Zugriff am 14.10.2024.
  3. Vgl. Nelson, Phillip (1974). "Advertising as Information." Journal of Political Economy 82(4), 729–754.
  4. Eine Recherche nach den Stichwörtern "misinformation", "disinformation" oder "fake news" in der wirtschaftswissenschaftlichen Literaturdatenbank Econlit fand am 12.09.2024 249 Treffer aus den sechs Jahren 2017–2022, während es in den sechs Jahren zuvor nur 49 Treffer zu den Stichwörtern gibt.
  5. Vgl. Wu, Tim (2016). The Attention Merchants: The Epic Scramble to Get Inside Our Heads. New York, NY: Knopf.
  6. Vgl. Newman, Nic et al. (2021). Reuters Institute Digital News Report 2021. 10th Edition. O.O.: Reuters Institute for the Study of Journalism. URL: https://reutersinstitute.politics.ox.ac.uk/sites/default/files/2021-06/Digital_News_Report_2021_FINAL.pdf. Zugriff am 14.10.2024.
  7. Vgl. Allcott, Hunt und Matthew Gentzkow (2017). "Social Media and Fake News in the 2016 Election." Journal of Economic Perspectives 31(2), 211–236. URL: https://pubs.aeaweb.org/doi/pdfplus/10.1257/jep.31.2.211. Zugriff am 14.10.2024.
  8. Vgl. Vosoughi, Soroush, Den Roy und Sinan Aral (2018). "The Spread of True and False News Online." Science 359(6380), 1146–1151. DOI: https://doi.org/10.1126/science.aap9559. Zugriff am 14.10.2024.
  9. Vgl. O.A. (02.05.2024). "How Disinformation Works – and How to Counter it." The Economist (online).
  10. Vgl. Stengel, Richard (2019). Information Wars: How we Lost the Global Battle Against Disinformation and What We Can Do About It. New York, NY: Atlantic Monthly Press.
  11. Vgl. Ahmad, Wajeeha, Ananya Sen, Charles Eesley und Erik Brynjolfsson (2024). "Companies inadvertently fund online misinformation despite consumer backlash." Nature 630, 123–131. URL: https://www.nature.com/articles/s41586-024-07404-1#citeas. Zugriff am 14.10.2024.
  12. Vgl. He, Sherry, Brett Hollenbeck und Davide Proserpio (2022). "The Market for Fake Reviews." Marketing Science 41(5), 896–921. DOI: 10.2139/ssrn.3664992. Zugriff am 14.10.2024.
  13. Vgl. Guy Rolnik et al. (2019). Protecting Journalism in the Age of Digital Platforms. Committee for the Study of Digital Platforms - Media Subcommittee Report. George J. Stigler Center for the Study of the Economy and the State: The University of Chicago Booth School of Business. URL: https://sciencespo.hal.science/hal-03947806. Zugriff am 14.10.2024.
  14. Guess, A. M., Lerner, M., Lyons, B., Montgomery, J. M., Nyhan, B., Reifler, J., & Sircar, N. (2020). A digital media literacy intervention increases discernment between mainstream and false news in the United States and India. Proceedings of the National Academy of Sciences, 117(27), 15536-15545.
  15. Wölfl, A. (2019). Die Hauptstadt der Fake News. In: Frankfurter Rundschau. https://www.fr.de/panorama/hauptstadt-fake-news-11020535.html (letzter Abruf: 03.07.2024)
  16. Ahmad, W., Sen, A., Eesley, C., & Brynjolfsson, E. (2024). Companies inadvertently fund online misinformation despite consumer backlash. Nature, 630(8015), 123-131.
  17. Rhodes, A. 2023. A Survey on Drip Pricing and Other False Advertising.
  18. Mayzlin, D., Dover, Y., & Chevalier, J. (2014). Promotional reviews: An empirical investigation of online review manipulation. American Economic Review, 104(8), 2421-2455.
  19. He, S., Hollenbeck, B., & Proserpio, D. (2022). The market for fake reviews. Marketing Science, 41(5), 896-921. https://dx.doi.org/10.2139/ssrn.3664992
  20. Oreskes, N., & Conway, E. M. (2011). Merchants of doubt: How a handful of scientists obscured the truth on issues from tobacco smoke to global warming. Bloomsbury Publishing USA.
  21. 9. reskes, N., Rahmstorf, S., & Supran, G. (2023). Assessing ExxonMobil`s global warming projections. Science, 379 (6628), 153-162. https://doi.org/10.1126/sci- ence.abk0063
  22. Jin, G. Z., & Kato, A. (2006). Price, quality, and reputation: Evidence from an online field experiment. The RAND Journal of Economics, 37(4), 983-1005.
  23. Rao, A., & Wang, E. (2017). Demand for “healthy” products: False claims and FTC regulation. Journal of Marketing Research, 54(6), 968-989.
  24. 16. Angelucci, C., & Prat, A. (2024). Is journalistic truth death? Measuring how in- formed voters are about political news. American Economic Review, 114(4), 887- 925. https://doi.org/10.1257/aer.20211003
  25. Allen, J., Watts, D. J., & Rand, D. G. (2024). Quantifying the impact of misinformation and vaccine-skeptical content on Facebook. Science, 384(6699), eadk3451.
  26. Bursztyn, L., Rao, A., Roth, C., & Yanagizawa-Drott, D. (2023). Opinions as facts. The Review of Economic Studies, 90(4), 1832-1864.
  27. Johansson, P., Enock, F., Hale, S., Vidgen, B., Bereskin, C., Margetts, H., & Bright, J. (2022). How can we combat online misinformation? A systematic overview of current interventions and their efficacy. arXiv preprint arXiv:2212.11864.
  28. Ahmad, W., Sen, A., Eesley, C., & Brynjolfsson, E. (2024). Companies inadvertently fund online misinformation despite consumer backlash. Nature, 630(8015), 123-131.
  29. McCabe, S. D., Ferrari, D., Green, J., Lazer, D. M., & Esterling, K. M. (2024). Post-January 6th deplatforming reduced the reach of misinformation on Twitter. Nature, 630(8015), 132-140.
  30. Kozyreva, Anastasia, et al. (2024). Toolbox of individual-level interventions against online misinformation. Nature Human Behaviour.
  31. Guess, A. M., & Lyons, B. A. (2020). Misinformation, disinformation, and online propaganda. Social media and democracy: the state of the field, prospects for reform, 10-33.
  32. Berger, L. M., Kerkhof, A., Mindl, F., & Munster, J. (2023). Debunking “fake news” on social media: Short-term and longer-term effects of fact checking and media literacy interventions. ECONtribute DiscussionPaper No. 262.
  33. Rolnik, G., Cagé, J., Gans, J., Goodman, E., Knight, B., Prat, A., & Schiffrin, A. (2019). Protecting journalism in the age of digital platforms.
  34. Zinman, J., & Zitzewitz, E. (2016). Wintertime for deceptive advertising?. American Economic Journal: Applied Economics, 8(1), 177-192
  35. Oreskes, N., & Conway, E. M. (2010). Merchants of doubt: How a handful of scientists obscured the truth on issues from tobacco smoke to global warming. Bloomsbury Press.
  36. Oreskes, N., Rahmstorf, S., & Supran, G. (2023). Assessing ExxonMobil`s global warming projections. Science, 379 (6628), 153-162. https://doi.org/10.1126/science.abk0063
  37. Angelucci, C., & Prat, A. (2024). Is journalistic truth death? Measuring how informed voters are about political news. American Economic Review, 114(4), 887- 925. https://doi.org/10.1257/aer.20211003
  38. Angelucci, C., & Prat, A. (2024). Is journalistic truth death? Measuring how informed voters are about political news. American Economic Review, 114(4), 887- 925. https://doi.org/10.1257/aer.20211003
  39. Bursztyn, L., Rao, A., Roth, C., & Yanagizawa-Drott, D. (2023). Opinions as facts. The Review of Economic Studies, 90(4), 1832-1864.
  40. 12. Nyhan, B (2020). Facts and myths about misperceptions. Journal of Economic Perspectives, 34(3), 220-236. https://www.doi.org/10.1257/jep.34.3.220

Die erste Version dieses Beitrags beruht auf den studentischen Arbeiten von Jakob Jansen und Ludwig Vincon im Rahmen des Projektkurses Medienmärkte, WiSo-Fakultät der Universität zu Köln, Sommersemester 2024.

Zitiervorschlag: Glossar Digitale Souveränität. 2024. „Fehlinformation (Medienökonomie).“ https://www.bigdataliteracy.net/glossar/. Zugegriffen am tt.mm.jjjj.