Informationszugang (Rechtswissenschaft)

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Informationszugang ist die (auch rechtlich durchsetzbare) Möglichkeit, die Herausgabe von Wissen von einem anderen, typischerweise einer staatlichen Stelle, zu beanspruchen. Freiheit des Informationszuganges ist in Deutschland und der Europäischen Union der Grundsatz. Er kann jedoch in begründeten Fällen zum Schutz bestimmter Informationen verweigert werden.
Dieser Artikel verweist auf folgende weitere Beiträge:
Daten (Medienwissenschaft), Datenschutz (Rechtswissenschaft), Informationelle Selbstbestimmung (Medienwissenschaft), Informationelle Selbstbestimmung (Rechtswissenschaft), Öffentlichkeit (Medienwissenschaft), Personenbezogene Daten (Rechtswissenschaft), Privatheit (Rechtswissenschaft)

Was bezeichnet dieser Begriff?

Zugang ist die Möglichkeit, eine bestimmte Information zu erhalten[1] und eine gewisse Verfügungsmacht über sie zu bekommen. Ist dieser Zugang faktisch nicht frei erlangbar, stellt sich die Frage, ob der Zugang beansprucht werden kann. Einen solchen Informationszugangsanspruch haben Bürger_innen gegenüber staatlichen Stellen und den dort befindlichen Informationen.[2] Gesetze, welche die Informationszugangsfreiheit schützen, gewähren typischerweise einen durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Zugang zu vorhandenen Informationen.[3] Sie verfolgen damit den Zweck, die effektive Wahrnehmung von Bürger_innenrechten zu fördern sowie eine Kontrolle staatlichen Handelns zu ermöglichen.[4] Dem Informationszugang zugrundeliegt das auch in der staatlichen Verfassung, Art. 5 Abs. 1 S. 1 des Grundgesetzes, geschützte Konzept der Informationsfreiheit. Das Verfassungsrecht schützt diese Freiheit auch nur in Bezug auf allgemein zugängliche Quellen. Der medienwissenschaftliche Begriff der Informationsfreiheit ist demgegenüber breiter.

Informationszugang kann Grenzen unterliegen, wenn der Zugang zu bestimmten Informationen beschränkt ist. Begrenzungen der Zugangsfreiheit bestehen zum einen für den Schutz staatlicher Belange. Zu diesen staatlichen Belangen, die einen Informationszugangsanspruch begrenzen oder ausschließen, gehören Informationen zu militärischen, diplomatischen oder sonstigen staatlichen Unterlagen, die kraft Gesetzes oder behördlicher Verfügung geheim oder vertraulich sind.[5] Kein Informationszugangsanspruch besteht auch zu Entwürfen und Informationen in laufenden Verfahren, wenn eine vorzeitige Kenntnisnahme den Erfolg des Verfahrens gefährden könnte.[6] Grenzen für den Informationszugang setzen daneben auch die Rechte privater Personen sowie Unternehmen. Das betrifft etwa den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, ferner private Informationen, die persönlicher bzw. intimer Natur sind[7] oder deren Zugang keinem überwiegenden öffentlichen Interesse entspricht.[8]

Die positive und die negative Dimension des Begriffs des Informationszugangs stehen nicht gleichrangig nebeneinander. Freier Informationszugang ist der Grundsatz; Einschränkungen dieser Freiheit, z.B. aus Gründen des Geheimnis- oder Persönlichkeitsschutzes, sind die begründungsbedürftige Ausnahme.[9]

Woher kommt der Begriff?

Die positive Begriffsdimension des generellen Anspruchs der Bürger_innen auf Wissensmitteilung durch den Staat ist durch die Informationsfreiheitsgesetze von Bund und Ländern geprägt. § 1 Abs. 1 IFG-Bund lautet: "Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen."[10] § 1 Abs. 1 Informationsfreiheitsgesetz NRW lautet: "Zweck dieses Gesetzes ist es, den freien Zugang zu den bei den öffentlichen Stellen vorhandenen Informationen zu gewährleisten und die grundlegenden Voraussetzungen festzulegen, unter denen derartige Informationen zugänglich gemacht werden sollen."[11] In solchen Informationsfreiheitsgesetzen werden der grundlegende, rechtlich durchsetzbare Anspruch auf Informationen und seine Grenzen festgelegt. Daneben existieren auch Zugangsansprüche für Spezialbereiche, z.B. das Umweltrecht[12] oder das Lebensmittelrecht[13], in denen ein vergleichbarer Anspruch auf Zugang zu Informationen gewährt wird.

Historisch war die Schaffung solcher Gesetze keine autarke, frei gewählte Entscheidung der deutschen Gesetzgebungsinstitutionen. Ein wesentlicher Impuls war die Rechtsentwicklung auf europäischer Ebene.[14] Die Europäische Union gab bereits 1990 und 2003 durch Richtlinien im Umwelt- und Verbraucherschutz die Richtung zum Recht auf freien Informationszugang vor.[15] Für das allgemeine Informationsfreiheitsgesetz folgte der Bund einer Entwicklung in den Bundesländern, die bereits 1998 in Gang gesetzt worden war.[16]

Vor diesem generellen Zugangsrecht gab es bereits Zugangsansprüche für begrenzte Personenkreise. Dazu gehören Gesetze, welche die Akteneinsicht von Verfahrensbeteiligten regeln. Gem. § 29 Abs. 1 S.1 VwVfG-Bund hat "[d]ie Behörde [...] den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist."[17] Besonders geregelt sind überdies Auskunftsrechte der Presse und anderer Massenkommunikatoren in den Landespresse- und Landesmediengesetzen.[18]

Im weitesten Sinne liefern auch die Auskunftsansprüche im Recht des Datenschutzes[19] Zugang zu Informationen, namentlich den personenbezogenen Informationen, die ein privates Unternehmen von einem Anspruchsteller gespeichert hat.

Anders als es auf den ersten Blick scheinen kann, ist der Begriff des Informationszugangs nicht unmittelbar verfassungsrechtlich verankert. Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG spricht zwar davon, dass jede Person das Recht hat, "sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten"[20], damit ist jedoch kein allgemeines Verfassungsrecht auf Informationszugang gemeint.[21] Die Norm soll lediglich die Informationswahl absichern und verhindern, dass der Staat die Rezeption frei verfügbarer Informationen aktiv behindert.[22] Den Zugang zu Informationen als Rechtsgrundsatz festzulegen ist stattdessen eine politische Grundsatzentscheidung, die das Grundgesetz selbst nicht vorgezeichnet, aber auch nicht verboten hat.[23]

Im Gegensatz dazu lässt sich die gesetzliche Einschränkung von Informationszugängen häufig verfassungsrechtlich ableiten. Der Schutz von personenbezogenen Daten folgt aus dem (Verfassungs-)Recht auf informationelle Selbstbestimmung bzw. dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Betriebsgeheimnisse müssen geschützt werden, um die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG[24] zur Entfaltung zu bringen. Auch der Schutz staatlicher Informationen wird verfassungsrechtlich einem Schutzbereich der exekutiven Eigenverantwortung zugeordnet.[25]

Informationszugang und seine Beschränkungen sind damit in ein umfangreiches Geflecht aus Wertungen der Verfassung, Bundes- und Landesgesetzen sowie Europarecht eingebettet.


Wonach muss ich fragen?

  • Was genau ist das Thema, über das ich Informationen erhalten möchte?
  • Kann ich das Thema genau bezeichnen?
  • Von wem möchte ich die Informationen erhalten? Handelt es sich dabei um den Staat/eine Behörde?
  • Handelt es sich um eine Bundesbehörde, eine Landesbehörde, eine Kommune oder ein Organ der Europäischen Union?
  • Welche Interessen könnten gegen eine Herausgabe der Informationen sprechen?
  • Gibt es Bereiche, bei denen ich über mich selbst keine Informationen preisgeben möchte oder in denen generell keine Informationen preisgegeben werden sollen?
  • Welche Rolle spielen Informationen in meinem Alltag? Welches Gewicht haben bestimmte Informationen?
  • Welche Unternehmen sammeln Daten von mir?
  • Wie kann ich erfahren, welche Daten ein Unternehmen oder eine Behörde über mich oder andere speichern?


Wann ist das wichtig?

Freier Informationszugang ist fundamental für die Selbstbestimmung in analogen und digitalen Zusammenhängen.[26] Der Zugang zu Informationen verschafft potentiell einen Wissensgewinn, der die kommunikativen Handlungsmöglichkeiten der einzelnen Person erweitert und damit auch die Selbstbestimmung stärkt.[27] Wissen ermöglicht die informierte Teilhabe an demokratischen Prozessen, die Kontrolle dieser Prozesse und die gestalterische Einflussnahme auf sie. Wissen und Informationen ermöglichen eine selbstbestimmte, informierte und daher aufgeklärte Entfaltung, den Zugang hierzu beanspruchen zu können, belässt allerdings auch die Chance, auf Wissen zu verzichten.

Im konkreten Verhältnis von Bürger_innen zum Staat trägt der freie Zugang zu Informationen zu einer effektiven Kontrolle der Verwaltung bei. Die einzelne Person wird ermächtigt, ohne sich besonders rechtfertigen zu müssen, den Staat zur Preisgabe von Wissen zu zwingen. Dadurch wird der Staat transparent und von jedermensch kontrollierbar, was wiederum das Vertrauen der Gesellschaft in den Staat und seine Institutionen stärkt.[28] Auf diese Weise bedient der 'gläserne Staat' auch ein zentrales Verständnis einer funktionierenden Demokratie.[29] Der Staat ist kein Selbstzweck, er steht im Dienste der demokratischen Gesellschaft.

Den Informationszugangsansprüchen der Presse liegt eine vergleichbare Begründung zugrunde. Effektive Informationszugänge sind für eine freie Presse unerlässlich, um eine fundierte Berichterstattung über öffentliche Vorgänge zu ermöglichen. Diese freie Berichterstattung stellt die Grundlage für einen informierten demokratischen Meinungsbildungsprozess dar, der ebenfalls für einen demokratischen Staat unerlässlich ist.[30]

Informationszugang stärkt allerdings auch die Selbstbestimmung in eigenen Angelegenheiten. Für Beteiligte an einem Verwaltungsverfahren zur Erteilung einer Baugenehmigung, für den Anwalt in einem Gerichtsverfahren um die Räumung einer Mietwohnung oder für den Angeklagten in einem Strafprozess stellen Ansprüche auf Akteneinsicht ein notwendiges Instrument dar, um die eigenen Verfahrensrechte durchzusetzen. Sie können sogar konkreten Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens haben, wenn durch Akteneinsicht und daraufhin mögliche Vorgangsüberprüfung aufgedeckt werden kann, dass eine Verhaftung rechtswidrig oder ein Geständnis erzwungen wurde.


Wie wird der Begriff erfasst/festgestellt?

Die Beantwortung der Frage, ob ein Informationszugang besteht, beginnt zunächst bei einem Antrag auf Informationszugang bei einer Behörde. Er kann mündlich, schriftlich oder elektronisch[31] von jeder Person[32] gestellt werden und muss auch nicht begründet sein.[33] Der Zugang zur Information ist sodann der Normalfall. Die Behörde ist gesetzlich verpflichtet, dem Antrag nachzukommen. Ihn abzulehnen kommt nur im besonders begründeten Ausnahmefall in Betracht. Wann ein solcher Ausnahmefall vorliegt, wird durch die verschiedenen Informationsfreiheitsgesetze geregelt. Diese Ausnahmeregelungen stellen sich schützend vor Rechtsgüter, die durch den Informationszugang beeinträchtigt würden und gegenüber dem Zugangsinteresse überwiegen. Sie werden in zwei Gruppen eingeteilt: (1) Vorschriften zum Schutz staatlicher/öffentlicher Belange und (2) Vorschriften zum Schutz privater Interessen.[34]

Die erste Gruppe von Schutzbelangen reagiert auf die Notwendigkeit, bestimmte staatliche Informationen geheim zu halten. Es geht beispielsweise um den Schutz internationaler Beziehungen, § 3 Nr. 1 lit. a) IFG, den Schutz militärischer Belange der Bundeswehr, § 3 Nr. 1 lit. b) IFG oder die Belange der öffentlichen Sicherheit, § 3 Nr. 2 IFG.[35] In diesen Bereichen könnte die Veröffentlichung von Informationen die Funktionsfähigkeit staatlicher Institutionen oder staatlichen Handelns gefährden. Ein gewisser Ausgleich wird dadurch gewährleistet, dass Ablehnungen auch nach diesen Gründen gerichtlich überprüft werden können, vergleiche hierzu § 9 Abs. 4 S. 1 IFG.[36] Im Bereich des Zugangs zu solchen Informationen bestehen aber auch die größten Spannungen. Der unrechtmäßig erlangte Zugang zu solchen Informationen mag zwar geeignet sein, Missstände im staatlichen Bereich aufzudecken, gleichwohl ermächtigen die Informationsfreiheitsansprüche weder dazu, einen Zugang in diesem Bereich zu erzwingen noch die gleichwohl erhaltenen Informationen weiterzugeben oder gar zu veröffentlichen. Hier liegt ein Anlass, aus staatlicher Sicht gegen Portale wie wikileaks vorzugehen und das 'Leaken' von unrechtmäßig erlangten staatlichen Informationen strafrechtlich zu verfolgen.

Die zweite Gruppe, der Schutz von Privatinteressen, verwirklicht den bereits genannten Auftrag des Grundgesetzes, sich schützend vor Verfassungsgüter des Individuums zu stellen. Das können auch bloße Vermögensinteressen sein. Der in Art. 14 GG[37] festgelegte Eigentumsschutz fließt ein in § 6 IFG[38], wonach Informationen nicht herausgegeben werden dürfen, wenn sie dem Schutz des geistigen Eigentums unterliegen.

Für die Persönlichkeit und Souveränität der einzelnen Person weitaus wichtiger ist jedoch, dass der Staat auch für solche Informationen die Herausgabe verweigern kann, die personenbezogene Daten enthalten.[39] Es kann einen Menschen und seine persönliche Entfaltung stark beeinträchtigen, wenn private Details an die Öffentlichkeit geraten. Aufgrund dessen zieht die Verfassung für jede Person einen schützenden Kreis um das Privatleben, der von außen nur in Sonderfällen angetastet werden darf. § 5 IFG schützt diesen Kreis und auch das Presserecht vermittelt beispielsweise mit § 4 Abs. 2 Nr. 3 2. Hlbs. Landespressegesetz NRW[40] einen solchen Schutz. Gleichzeitig muss auch berücksichtigt werden, dass es durchaus legitimes Interesse daran geben kann, Informationen über Personen zugänglich zu machen. Der Informationszugang steht in solchen Fällen in einem Spannungsverhältnis zum Persönlichkeitsschutz.[41] Dieses Spannungsverhältnis wird typischerweise durch eine Abwägung im Einzelfall aufgelöst. Nur in Fällen, in denen das Interesse am Informationszugang so schwer wiegt, dass das Persönlichkeitsrecht dahinter zurücktritt, darf die Information herausgegeben und der geschützte Kreis des Privaten betreten werden.

Bei der Abwägung zwischen dem Schutz der Privatheit und dem öffentlichen Interesse an einem Zugang auch zu solchen Informationen spielt der Begriff des 'zeitgeschichtlichen Ereignisses' eine Rolle. Dieser Begriff findet sich im IFG nicht, wohl aber in den Auslegungsregeln, welche die Rechtsprechung zur Reichweite der Pressefreiheit im Bereich privater Informationen entwickelt hat.[42] Zeitgeschichtlich ist ein Ereignis, an dem ein besonderes Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht. Hierzu zählen historische und politische Geschehnisse, aber auch allgemeine gesellschaftliche Vorgänge, die in den Fokus der Öffentlichkeit geraten[43], etwa die Gesundheit oder das private Verhalten von Politiker_innen in ihren jeweiligen Funktionsbereichen (beispielsweise der Erziehungsstil eines Familienministers oder das Reiseverhalten einer Umweltpolitikerin), sowie Informationen über das Vorbildverhalten von bekannten Persönlichkeiten jenseits der Politik als Vorbilder und Identifikationsfiguren für Menschen.[44] Informationen zu solchen Ereignissen sind auch notwendig, um eine freie gesellschaftliche Kommunikation zu ermöglichen, die letztlich zu einem "freiheitlichen Lebensklima"[45] und zur Orientierung im gesellschaftlichen Leben beiträgt.[46] Damit wird auch berücksichtigt, dass Individuen in einem gesellschaftlichen Kontext leben und sich dort entfalten. Der Schutz von Privatheit ist daher kein Mittel, um sich vollständig der öffentlichen Kritik zu entziehen, insbesondere dann nicht, wenn es einen Anlass von gesellschaftlichem Interesse gibt.

In dieser Hinsicht bestehen allerdings auch kulturelle Unterschiede in den Rechtsordnungen von Staaten mit ausgeprägtem Schutz der Informationsfreiheit, wie etwa den USA. Auch dort besteht ein gesetzlicher Schutz des Zugangs zu staatlichen Informationen.[47] Der Einwand, dass Wissen der Privatsphäre zufalle, wird dort ebenfalls geschützt, allerdings nicht im Rahmen der Informationszugangsansprüche, sondern nur durch private Abwehrrechte, die sich insbesondere gegen die Presse oder den Rundfunk richten können, das sogenannte Right to privacy. Dieses, in einem berühmten Aufsatz aus dem Jahr 1890 entwickelte[48] geschützte Recht hilft allerdings sogenannten public figures (Personen der Zeitgeschichte) allenfalls in extremen Fällen, während nach dem in Deutschland und auch der Europäischen Union geltenden Schutzniveau auch diese Personen einen Anspruch auf Schutz ihrer Privatheit selbst in der Öffentlichkeit haben.[49]

Bei der im deutschen Recht notwendigen Abwägung nimmt das Gewicht des Schutzes von Privatheit zu, desto näher eine Information bei dem absoluten Kern der Persönlichkeit liegt. Die Gerichte haben hier ein grobes Schema entwickelt, um das Gewicht des Persönlichkeitsrechts einzuordnen. Eingriffe in den Bereich der Sozialsphäre, den Bereich der gesellschaftlichen und beruflichen Interaktion, sind am leichtesten zu rechtfertigen.[50] Hohe Eingriffsvoraussetzungen bestehen dagegen bei der Privatsphäre im engeren Sinne. Dazu zählt das Leben im häuslichen und familiären Umfeld; das ist ein Bereich, in dem man grundsätzlich 'in Ruhe gelassen' werden und einen Rückzugsort haben soll.[51] Nicht zu rechtfertigen und damit stets unzulässig sind schließlich Eingriffe in die Intimsphäre. Diese umfasst die innere Gedanken- und Gefühlswelt sowie den Bereich der nicht selbst offenbarten Sexualität.[52] Eine umfassendere Beschreibung der Sphärentheorie findet sich unter dem Begriff der Privatheit.

Die Abwägung dieser vielfältigen Belange im Einzelfall ist aufwändig. Sie erfordert eine umfassende Auswertung des zu entscheidenden Sachverhalts, den auch Gerichte mit mehrstufigen Verfahren und Beweiserhebungen nur begrenzt lösen können. Wird ein Antrag auf Informationszugang zu amtlichen Informationen über private Vorgänge gestellt, ist die Behörde verpflichtet, diese Abwägung durchzuführen und eine Entscheidung zu fällen. Stellt sie fest, dass das Informationsinteresse überwiegt, wird dem Antrag stattgegeben und die Information herausgegeben. Dem betroffenen Dritten bleibt dann nur die Möglichkeit, die Entscheidung von einem Gericht überprüfen zu lassen.[53]


Welche Bildungsprojekte gibt es dazu?

  • Die Plattform FragDenStaat – Das Informationsfreiheitsportal der gemeinnützigen Organisation Open Knowledge Foundation unterstützt Bürger_innen dabei, Informationsansprüche gegen die Verwaltung von Bund und Ländern geltend zu machen. Die Plattform ermöglicht eine simple, online durchführbare Formulierung eines rechtlich korrekten Antrages nach den Informationsfreiheitsgesetzen: https://fragdenstaat.de.


Weiterführende Literatur

  • Branscomb, Anne Wells. 1994. "Who owns Information? – From Privacy to Public Access." New York: BasicBooks.
  • Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. 2021. "FAQ. Fragen und Antworten zum Informationsfreiheitsgesetz." https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/fragen-und-antworten-zum-informationsfreiheitsgesetz-463492.
  • Prosser, William L. 1960. "Privacy." California Law Review 48 (3), 383.
  • Schoch, Friedrich. 2012. "Zugang zu amtlichen Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG)." Juristische Ausbildung (JURA), 203.
  • Schoch, Friedrich. 2016. Informationsfreiheitsgesetz Kommentar. 2. Auflage. München: C.H.Beck.
  • Schwartz, Paul M. und Karl-Nikolaus Peifer. 2010. "Prosser’s Privacy and the German Right of Personality: Are Four Privacy Torts Better than One Unitary Concept?" California Law Review 98(6), 1925.
  • Warren, Samuel D. und Louis D. Brandeis. 1890. "The Right to Privacy." Harvard Law Review 4(5), 193.
  • Wenzel, Karl Egbert. 2018. "Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung – Handbuch des Äußerungsrechts", 6. Auflage, Köln: Dr. Otto Schmidt Verlag.

Quellenverzeichnis

  1. Vergleiche Rossi, Matthias. 2004. Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht – Zu den Wechselwirkungen zwischen Informationsfreiheitsgrenzen und der Verfassungsordnung in Deutschland. Berlin: Duncker Humblot, S. 20.
  2. Vergleiche Rossi, Matthias. 2004. Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht – Zu den Wechselwirkungen zwischen Informationsfreiheitsgrenzen und der Verfassungsordnung in Deutschland. Berlin: Duncker Humblot, S. 20.
  3. Vergleiche beispielhaft § 1 Abs. 1 Informationsfreiheitsgesetz des Bundes: https://www.gesetze-im-internet.de/ifg/__1.html; § 4 Abs. 1 Informationsfreiheitsgesetz NRW: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_detail?bes_id=5012&anw_nr=2&aufgehoben=N&det_id=422846; Art. 2 Abs. 1 EU-Verordnung EG/1049/2001: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32001R1049&from=DE.
  4. Schoch, Friedrich. 2016. Informationsfreiheitsgesetz: Kommentar. 2. Auflage. München: C.H.Beck, § 1 Rn. 9.
  5. Vergleiche § 3 Informationsfreiheitsgesetz des Bundes: https://www.gesetze-im-internet.de/ifg/__3.html.
  6. Vergleiche § 4 Informationsfreiheitsgesetz des Bundes: https://www.gesetze-im-internet.de/ifg/__4.html.
  7. Für eine Berücksichtigung persönlichkeitsrechtlicher Kategorien siehe Schoch, Friedrich. 2016. Informationsfreiheitsgesetz: Kommentar. 2. Auflage. München: C.H.Beck, § 5 Rn. 45 sowie Brink in: Brink/Polenz/Blatt. Informationsfreiheitsgesetz. Kommentar, 2. Auflage 2017, § 5 Rn. 38. Beide Autoren sprechen sich für eine Anwendung allein von datenschutzrechtlichen Kriterien und lehnen einen Rückgriff auf die Rechtsprechung zum Persönlichkeitsrecht ab.
  8. Schoch, Friedrich. 2016. Informationsfreiheitsgesetz Kommentar. 2. Auflage. München: C.H.Beck, Einleitung Rn. 3; Debus in: Gersdorf/Paal. BeckOK Informations- und Medienrecht, 30. Auflage 2020, § 1 IFG Rn. 2; Kühling, Jürgen. 2008. "Erosion demokratischer Öffentlichkeit." Deutsches Verwaltungsblatt, 1098 (1100 f.).
  9. Schoch, Friedrich. 2016. Informationsfreiheitsgesetz Kommentar. 2. Auflage. München: C.H.Beck, Einleitung Rn. 3; Gersdorf, Hubertus und Paal, Boris P. 2020. BeckOK Informations- und Medienrecht. 30. Auflage, § 1 IFG Rn. 2; Kühling, Jürgen. 2008. "Erosion demokratischer Öffentlichkeit." Deutsches Verwaltungsblatt, 1098 (1100 f.).
  10. Vergleiche § 1 Abs. 1 Informationsfreiheitsgesetz des Bundes: https://www.gesetze-im-internet.de/ifg/__1.html.
  11. Vergleiche § 1 Abs. 1 Informationsfreiheitsgesetz NRW: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_detail?sg=0&menu=1&bes_id=5012&anw_nr=2&aufgehoben=N&det_id=422843.
  12. Vergleiche § 1 Abs. 1 Umweltinformationsgesetz: https://www.gesetze-im-internet.de/uig_2005/__1.html.
  13. Vergleiche § 1 Nr. 1, Nr. 2 Verbraucherinformationsgesetz: https://www.gesetze-im-internet.de/vig/__1.html.
  14. Schoch, Friedrich. 2016. Informationsfreiheitsgesetz Kommentar. 2. Auflage. München: C.H.Beck, Einleitung Rn. 2,3; Brink in: Brink/ Polenz/Blatt, Informationsfreiheitsgesetz. Kommentar, 2. Auflage 2017, § 1 Rn. 30f.
  15. Schoch, Friedrich. 2016. Informationsfreiheitsgesetz Kommentar. 2. Auflage. München: C.H.Beck, Einleitung Rn. 2.
  16. Schoch, Friedrich. 2016. Informationsfreiheitsgesetz Kommentar. 2. Auflage. München: C.H.Beck, Einleitung Rn. 3; Brink in: Brink/Polenz/Blatt, Informationsfreiheitsgesetz. Kommentar, 2. Auflage 2017, § 1 Rn. 40.
  17. Vergleichbare Vorschriften finden sich in § 299 Abs. 1 ZPO, § 147 Abs.1 StPO, § 100 Abs. 1 VwGO oder § 82 S. 1 AsylG.
  18. Vergleiche exemplarisch § 4 Abs. 1 Landespressegesetz NRW: "Die Behörden sind verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen." https://www.recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_detail?bes_id=4493&anw_nr=2&aufgehoben=N&det_id=405326.
  19. Vergleiche Art. 15 Datenschutzgrundverordnung: https://dsgvo-gesetz.de/art-15-dsgvo/.
  20. Vergleiche Art. 5 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_5.html.
  21. Grabenwarter in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 92. Ergänzungslieferung 2020, Art. 5 GG Rn. 1021, 1023.
  22. Wendt in: von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 7. Auflage 2021, Art. 5 GG Rn. 54 f.; Kloepfer, Michael. 2003. "Informationszugangsfreiheit und Datenschutz: Zwei Säulen des Rechts der Informationsgesellschaft." Die Öffentliche Verwaltung, 221, S. 223.
  23. Schoch, Friedrich. 2016. Informationsfreiheitsgesetz Kommentar. 2. Auflage. München: C.H.Beck, Einleitung Rn. 59.
  24. Vergleiche Art. 12 Grundgesetz: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_12.html.
  25. Schoch, Friedrich. 2016. Informationsfreiheitsgesetz Kommentar. 2. Auflage. München: C.H.Beck, Einleitung Rn. 86.
  26. Schoch spricht hier von einer "unverzichtbare[n] Handlungsvoraussetzung des Individuums." Schoch, Friedrich. 2016. Informationsfreiheitsgesetz Kommentar. 2. Auflage. München: C.H.Beck, Einleitung Rn. 86, Einleitung Rn. 4.
  27. Polenz in: Kilian/Heussen, Computerrechts-Handbuch, 35. Ergänzungslieferung Juni 2020. Teil 13, Abschnitt 113 Rn. 62.
  28. Schoch, Friedrich. 2016. Informationsfreiheitsgesetz Kommentar. 2. Auflage. München: C.H.Beck, Einleitung Rn. 9.
  29. Schoch, Friedrich. 2016. Informationsfreiheitsgesetz Kommentar. 2. Auflage. München: C.H.Beck, Einleitung Rn. 9.
  30. Engel in: Gersdorf/Paal, BeckOK Informations- und Medienrecht, 30. Auflage, § 4 LPresseG-NRW, Rn. 2; auch das Bundesverfassungsgericht betont in BVerfGE 20, 162 (174): "Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates [...]." Vergleiche BVerfGE 20, 162: https://servat.unibe.ch/dfr/bv020162.html.
  31. Vergleiche § 7 Abs. 3 S. 1 Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, https://www.gesetze-im-internet.de/ifg/__7.html.
  32. Vergleiche dazu die Ausführungen bei Schoch, Friedrich. 2016. Informationsfreiheitsgesetz Kommentar. 2. Auflage. München: C.H.Beck, § 1 IFG Rn. 53 ff.
  33. Umkehrschluss aus § 7 Abs. 1 S. 3 Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, der für eine Sonderkonstellation ein Begründungserfordernis aufstellt. Vergleiche: https://www.gesetze-im-internet.de/ifg/__7.html.; siehe auch Sicko in: Gersdorf, Hubertus und Paal, Boris P. 2020. BeckOK Informations- und Medienrecht. 30. Auflage, § 7 IFG, Rn. 18.
  34. Schoch, Friedrich. 2016. Informationsfreiheitsgesetz Kommentar. 2. Auflage. München: C.H.Beck, Vorbemerkung §§ 3 bis 6 Rn. 4.
  35. Vergleiche § 3 Nr. 1 lit. a) Informationsfreiheitsgesetz des Bundes: https://www.gesetze-im-internet.de/ifg/__3.html.
  36. Vergleiche § 9 Abs. 4 S. 1 Informationsfreiheitsgesetz des Bundes: https://www.gesetze-im-internet.de/ifg/__9.html.
  37. Vergleiche Art. 14 Grundgesetz: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_14.html.
  38. Vergleiche § 6 Informationsfreiheitsgesetz: https://www.gesetze-im-internet.de/ifg/__6.html.
  39. Vergleiche § 5 Abs. 1 S. 1 Informationsfreiheitsgesetz des Bundes: https://www.gesetze-im-internet.de/ifg/__5.html.
  40. Vergleiche § 4 Abs. 2 Nr. 3 2. Hlbs. Landespressegesetz NRW: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_detail?sg=0&menu=1&bes_id=4493&anw_nr=2&aufgehoben=N&det_id=405326.
  41. Schoch, Friedrich. 2016. Informationsfreiheitsgesetz Kommentar. 2. Auflage. München: C.H.Beck, Vorbemerkung § 5 IFG Rn. 1.
  42. Vergleiche etwa BGH, Urt. v. 14.10.2008 – VI ZR 272/06, NJW 2009, S. 754 (zur Abgrenzung zwischen dem Interesse, gesundheitsbezogene Informationen als privat zu schützen, und dem Interesse an einem Zugang zu diesen Informationen, wenn es um den Ehemann der Angehörigen eines regierenden europäischen Königshauses geht).
  43. Von Strobl-Albeg/Peifer in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Auflage 2018, §23 KUG Rn. 28.
  44. Siehe BGH Urteil v. 29.05.2018 – VI ZR 56/17 – Tochter von Prinzessin Madeleine, GRUR 2018, 964 Rz. 12 zur sog. 'Leitbild – und Kontrastfunktion' von Prominenten.
  45. BVerfGE 35, 202 – Lebach I, Rz. 53.
  46. BVerfGE 35, 202 – Lebach I, Rz. 53.
  47. Vergleiche "FOIA". Office of Information Policy: https://www.foia.gov/; dazu u.a. Branscomb, Anne Wells. 1994. Who owns Information? – From Privacy to Public Access." New York: BasicBooks.
  48. Warren, Samuel D. und Brandeis, Louis D. 1890. "The Right to Privacy." Harvard Law Review 4 (5), S. 193.
  49. Schwartz, Paul M. und Peifer, Karl-Nikolaus. 2010. "Prosser’s Privacy and the German Right of Personality: Are Four Privacy Torts Better than One Unitary Concept?" California Law Review 98 (6), S. 1925.
  50. Starck/Paulus in: von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 7. Auflage 2018, Art. 5 GG, Rn. 331.
  51. Starck/Paulus in: von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 7. Auflage 2018, Art. 5 GG, Rn. 330.
  52. Starck/Paulus in: von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 7. Auflage 2018, Art. 5 GG, Rn. 329.
  53. Guckelberger in: Gersdorf/Paal, BeckOK Informations- und Medienrecht, 30. Auflage 2020, § 5 IFG, Rn. 1.

Die erste Version dieses Beitrags wurde von Karl-Nikolaus Peifer und Florian Priemel im Rahmen des Projekts "Digitale Souveränität" am Institut für Medienrecht und Kommunikationsrecht und am Institut für Medienkultur und Theater der Universität zu Köln erstellt.

Zitiervorschlag: Glossar Digitale Souveränität. 2021. „Informationszugang (Rechtswissenschaft).“ https://www.bigdataliteracy.net/glossar/. Zugegriffen am tt.mm.jjjj.