Information Literacy (Medienbildung)

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Im englischsprachigen Sprachraum verbreiteter Begriff zur Bezeichnung von Fähigkeiten zum problemlösungs- und prozessorientierten Umgang mit Informationen und ihren Trägermedien. Die Operationalisierung und Anwendung erfolgte insbesondere durch Akteure aus dem bibliothekarischen Bereich.
Dieser Artikel verweist auf folgende weitere Beiträge:
Informationskompetenz (Medienbildung)

Was bezeichnet dieser Begriff?

Information Literacy ist im angelsächsischen Sprachraum ein etablierter Begriff aus dem bibliothekarischen Umfeld zur Bezeichnung von Fähigkeiten zum problemlösungsorientierten Umgang mit Informationen und ihren Trägermedien. Die Definition von Information Literacy des US-amerikanischen National Forum on Information Literacy (NFIL) prägte die Diskussion seit Ende der 1980er Jahre: „Information Literacy is defined as the ability to know when there is a need for information, to be able to identify, locate, evaluate, and effectively use that information for the issue or problem at hand.“[1] Webber und Johnston definieren Information Literacy als "the adoption of appropriate information behaviour to identify, through whatever channel or medium, information well fitted to information needs, leading to wise and ethical use of information in society."[2] Der vielsprachige Diskurs über Information Literacy wurde in der deutschen Debatte mit dem Begriff der Informationskompetenz fortgesetzt.

Woher kommt der Begriff?

Das Begriff Information Literacy wurde erstmals 1974 von Paul Zurkowski, dem Vorsitzenden der Information Industry Association, in einem Bericht für die National Commission on Libraries and Information Science verwendet.[3] Zurkowski beschreibt darin den Anspruch der Kommission, eine vollständige Informationskompetenz für die gesamte US-amerikanische Nation zu erreichen.[4] Etabliert hat sich der englische Begriff der Information Literacy jedoch erst nach 1989 mit der Veröffentlichung des Schlussberichts des US-amerikanischen Bibliothekverbands ALA Presidential Committee on Information Literacy und des Buchs von Breivik und Gee nach 1989.[5] Die Gründung des National Forum on Information Literacy (NFIL) im Jahr 1989 sorgte zunächst in den USA und später über die Landesgrenzen hinaus für eine Verbreitung des Konzepts.[6] Berufs- und Bildungsorganisationen wie die American Library Association (ALA), die Association of College and Research Libraries (ACRL) oder die Society of College, National and University Libraries (SCONUL) haben Definitionen und Konzepte für Information Literacy, mit zum Teil gemeinsamen Elementen und Dimensionen, entwickelt: Die 1989 veröffentlichte Erklärung der American Library Association betonte die allgemeine und hohe Bedeutung von Information Literacy.[7] Die American Association of School Librarians (AASL) und die Association for Educational Communications and Technology (AECT) publizierten 1998 gemeinsam die "Information Literacy Standards for Student Learning".[8]

Die elf Jahre später von der ACRL verabschiedete Definition erweitert die ALA-Definition, indem sie die Tiefe der benötigten Informationen, die Fähigkeit, die Informationen effektiv und effizient zu finden, die Einbeziehung neuer Informationen in das vorhandene Wissen und das Verständnis der Informationsumgebung hervorhebt. Die Society of College, National and University Libraries im Vereinigten Königreich entwickelte 1999 das SCONUL-Sieben-Säulen-Modell für Information Literacy.[9] Seitdem wurde das Modell von Bibliothekar_innen und Lehrer_innen auf der ganzen Welt übernommen, um sie bei der Vermittlung von Information Literacy an ihre Lernenden zu unterstützen. Das Modell wurde 2011 und 2015 überarbeitet.

Die Entwicklung von Information Literacy in Europa zeichnet die Informationswisseschaftlerin Sirje Virkus nach und kommt zu dem Schluss, dass die meisten Initiativen dem formalen Bildungsbereich entstammen, während Beispiele aus dem Arbeitsleben, dem Gemeinwesen oder der Weiterbildung eher selten sind.[10] Zwei europäische Entwicklungslinien lassen sich unterscheiden: Im Vereinigten Königreich, den Niederlanden und Spanien starteten Information Literacy Initiativen im Schulbildungsbereich, während in Skandinavien und Deutschland die Hochschulbibliotheken die treibenden Kräfte waren. Seit Ende der 1990er Jahre hat sich das Thema Information Literacy in der hochschulbibliothekarischen Fachwelt etabliert, wenngleich noch 2000 ein Entwicklungsrückstand zum angloamerikanischen Raum im Hinblick auf die Förderung von Informationskompetenz durch Bibliotheken festgestellt wurde.[11] Auf internationaler Ebene schlugen im September 2003 internationale Information Literacy Expert_innen auf einer Konferenz in Prag, organisiert von der US National Commission on Library and Information Science und der National Forum on Information Literacy mit Unterstützung der UNESCO, grundlegende Information Literacy Prinzipien und Forderungen vor.[12] Im Jahr 2005 forderte die International Federation of Library Associations and Institutions in der Alexandria Proclamation Regierungen und internationale Organisationen auf, Information Literacy umfassend zu fördern: "Information Literacy lies at the core of lifelong learning. It empowers people in all walks of life to seek, evaluate, use and create information effectively to achieve their personal, social, occupational and educational goals. It is a basic human right in a digital world and promotes social inclusion of all nations."[13]


Weiterführende Literatur


Quellenverzeichnis

  1. Ferguson, Brian. 2005. Information Literacy. A Primer for Teachers, Librarians, and other Informed People. Aufgerufen am 05.07.2021, https://bibliotech.us/pdfs/InfoLit.pdf, S. 6.
  2. Webber, Sheila und Bill Johnston. 2017. "Information literacy: conceptions, context and the formation of a discipline." Journal of Information Literacy 11 (1): 156-183.
  3. Harris, Roma M. 1994. "Information technology and the deskilling of librarians." In Encyclopedia of Library and Information Science 53, Supplement 16, herausgegeben von Allen Kent, 182-202. New York: Marcel Dekker.
  4. Zurkowski, Paul G. 1974. The information service environment relationships and priorities. Related Paper No. 5. Washington, DC: National Commission on Libraries and Information Science. Aufgerufen am 05.07.2021, https://files.eric.ed.gov/fulltext/ED100391.pdf.
  5. Ingold, Marianne. 2005. "Das bibliothekarische Konzept der Informationskompetenz: ein Überblick." Berliner Handreichungen zur Bibliothekswissenschaft 2005 (128). Aufgerufen am 17.07.2020, http://www.ib.hu-berlin.de/~kumlau/handreichungen/h128/, S. 24.
  6. Ingold, Marianne. 2005. Das bibliothekarische Konzept der Informationskompetenz. Ein Überblick. Berlin: Institut für Bibliothekswissenschaft der Humboldt-Universität Berlin, S. 11f.
  7. ALA Association of College and Research Libraries. 1989. "Presidential Committee on Information Literacy: Final Report." Association of College and Research Libraries. Aufgerufen am 05.07.2021, http://www.ala.org/acrl/publications/whitepapers/presidential.
  8. AASL/AECT National Guidelines Vision Committee. 1998. Information Literacy Standards for Student Learning. American Library Association. Aufgerufen am 05.07.2021, https://ischoolapps.sjsu.edu/static/courses/250.loertscher/modelaasl.html.
  9. Vergleiche "Seven Pillars of Information Literacy. A model defining core abilities and understandings of information literacy in higher education": https://www.sconul.ac.uk/page/seven-pillars-of-information-literacy.
  10. Virkus, Sirje. 2003. "Information literacy in Europe: a literature review." Information Research 8 (4). Aufgerufen am 05.07.2021, http://informationr.net/ir/8-4/paper159.html.
  11. Homann, Benno. 2000. "Informationskompetenz als Grundlage für bibliothekarische Schulungskonzepte." Bibliotheksdienst 34 (6): 968-978, S. 977.
  12. Vergleiche Prag Deklaration: http://www.unesco.org/new/fileadmin/MULTIMEDIA/HQ/CI/CI/pdf/PragueDeclaration.pdf.
  13. Vergleiche IFLA 2005: https://www.ifla.org/DE/publications/node/8952.


Die erste Version dieses Beitrags wurde von Harald Gapski im Rahmen des Projekts "Digitale Souveränität" erstellt.

Zitiervorschlag: Glossar Digitale Souveränität. 2021. „Information Literacy (Medienbildung).“ https://www.bigdataliteracy.net/glossar/. Zugegriffen am tt.mm.jjjj.